Sowohl Armenien als auch Deutschland müssen eine Klage wegen Verletzung der Völkermordkonvention gegen Aserbaidschan vor dem Internationalen Gerichtshof einreichen.
Es ist bereits der achte Tag, an dem die armenische Bevölkerung von Arzach (Berg-Karabach) von Aserbaidschanern eingekesselt und von der Außenwelt vollständig isoliert wird.
Seit dem 11. Dezember blockieren selbsternannte aserbaidschanische „Umweltaktivisten“ unter dem Vorwand, dass durch Armenier Rohstoffe in einem Bergbaugebiet illegal gewonnen werden, die einzig mögliche Lebensader Arzachs, den sogenannten Latschin-Korridor. Diese Straße ist die einzige Landverbindung zwischen Armenien und Arzach und wurde durch die trilaterale Erklärung zwischen Armenien, Aserbaidschan und Russland nach dem 44-tägigen Krieg 2020 errichtet.
Die aserbaidschanische Regierung gibt an, dass die Demonstranten lediglich Teil der aserbaidschanischen Zivilgesellschaft seien und ihr Recht auf Demonstrationen wahrnimmt. Jedoch konnte sowohl durch die Stellungnahme von tatsächlichen Umweltaktivisten in Aserbaidschan und weiterer Recherchen festgestellt werden, dass es sich bei den aserbaidschanischen Demonstranten um Personen handelt, die der Regierung in Baku und dem Verwaltungsapparat nahestehen. So beispielsweise ranghohe aserbaidschanische Militär, Berater diverser Ministerien und Studierende von staatlichen Universitäten, die in regierungsnahen Organisationen aktiv sind. Laut internen Berichten habe sich niemand der Teilnehmenden jemals mit umweltrechtlichen Aktivitäten beschäftigt. Durch diese „Fake-Demonstration“ gelingt es Aserbaidschan die Versorgung der gesamten Bevölkerung Arzachs (Berg-Karabachs), d.h. 120.000 Menschen, unter dem Vorwand des Umweltschutzes mit Lebensmitteln, Medikamenten, Transportmitteln und anderen lebenswichtigen Gütern vollständig zu unterbinden. Zudem wurde die einzige Erdgas-Leitung nach Arzach durch Aserbaidschan abgeriegelt, wodurch soziale Einrichtungen, Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser trotz der tiefen Minusgrade tagelang nicht beheizt werden konnten.
In Wirklichkeit handelt es sich bei der Demonstration und der Belagerung der Straße um eine staatliche Maßnahme Aserbaidschans, dessen Ziel es ist, die armenische Bevölkerung in Arzach i.S.v. Völkermordkonvention zu zerstören.
Aserbaidschan begeht hiermit Völkermord im Sinne der vorsätzlichen Auferlegung von Lebensbedingungen, die geeignet sind, die physische Zerstörung einer Gruppe ganz oder teilweise herbeizuführen, gemäß Artikel II (3) der Völkermordkonvention. Demnach soll eine bestimmte nationale, ethnische, religiöse und rassische Gruppe als solche ganz oder teilweise zerstört werden.
Die deutsche Rechtsprechung hat in einem ähnlichen Fall bereits festgestellt, dass Zerstörungseignung ausreichen kann, wenn eine Gruppe Lebensbedingungen ausgesetzt ist, die zur Zerstörung geeignet sind (siehe NStZ 1999, 396 (402)).
Die Lebensbedingungen müssen objektiv zur Zerstörung geeignet sein (Kreß in MüKo-StGB Rn. 54). Diese Maßnahmen müssen den Tod der Mitglieder der Gruppe nicht tatsächlich herbeiführen, die Auferlegung solcher Maßnahmen erfüllt bereits den objektiven Tatbestand.
Die tagelange Belagerung von Arzach (Berg-Karabach) und damit der vollständigen Isolierung von der Außenwelt bedeutet, dass das gesamte Gesellschaftssystem in Arzach nicht mehr funktionieren kann. Bei ausbleibenden Lieferungen sind die Lebensmittel und die medizinische Versorgung zeitnah erschöpft, was dazu führt, dass Menschen an Hunger und fehlender medizinischer Versorgung sterben (vgl. RStGH, Prosecutor v. Akayesu, Urteil 2. September 1998, § 506).
Durch die Belagerung der einzigen Verkehrsstraße sind die Armenier in Arzach zum langsamen Tod durch verurteilt.
Entweder Armenien oder Deutschland müssen umgehend vor dem IGH einen Antrag stellen, um festzustellen, dass Aserbaidschan gegen die Verpflichtungen aus der Völkermordkonvention verstößt. Die Verletzung der Völkermordkonvention ist die Verletzung von jus cogens-Normen, was dazu führt, dass die Weltgemeinschaft dies nicht tolerieren darf und selbst Maßnahmen dagegen ergreifen muss (siehe z. B. Gambia gegen Myanmar und Ukraine gegen Russland). Die sogenannten Umweltaktivisten und die Mitglieder der aserbaidschanischen Regierung, die diese Maßnahmen auferlegt haben, daran teilhaben und diese tolerieren, müssen aufgrund des Weltrechtsprinzips zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Deutsch-Armenische Juristenvereinigung e.V. fordert die Bundesregierung auf,
I. Aserbaidschan auf Grundlage der Völkermordkonvention vor dem IGH zu verklagen und,
II. die Täter bzw. sogenannten Umweltaktivisten und die Mitglieder der aserbaidschanischen Regierung strafrechtlich zu verfolgen.