Aserbaidschanischer Phosphorbombeneinsatz – Appell an die NGOs und die Politik
Pressemitteilung: 01.11.2020
Nach zahlreichen Kriegsverbrechen setzt Aserbaidschan nun auch die Phosphorbombe gegenArzach (Berg-Karabach) ein. Die Deutsch-Armenische Juristenvereinigung e.V. schaut seit dem 27. September 2020besorgt nach Arzach (Berg-Karabach). Als gemeinnütziger Verein haben wir uns unter anderem das Ziel gesetzt, uns bei derFörderung der rechtlichen Aufklärung des Konflikts um Berg-Karabach (Republik Arzach)einzubringen. In diesem Rahmen begleiten wir seit dem 27. September durch rechtlicheAufarbeitung, Analyse, Veröffentlichungen und andere Formate die Ereignisse rund um denKrieg in Arzach (Berg-Karabach). Verpflichtend durch unsere Satzungsziele weisen wir diePolitik, die Gesellschaft, die Institutionen und allen zuständigen öffentlichen und nicht-öffentlichen Stellen unter anderem nach profunden Recherchen und Ausarbeitungen aufMenschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und den Bruch des internationalen Rechtshin.
In den vergangenen Wochen mussten wir zahlreiche Verstöße gegen ebendiese seitensAserbaidschans in dem jetzigen Krieg feststellen. Um eine umfassende rechtliche Aufklärungzu gewährleisten, haben wir diese dokumentiert und juristisch aufbereitet. Diese Ausfertigungen würden wir Ihnen bei Interesse selbstverständlich zur Verfügungstellen.Anlass dieses Schreibens ist allerdings, dass die Verletzungen des internationalenVölkerrechts am 30.10.2020 eine verheerende Dimension erreicht haben. Am vergangenen Freitag, den 30.10.20 wurde bekannt, dass die aserbaidschanischenStreitkräfte neben Streubomben nun auch international geächtete Phosphorbomben einsetzen.Der Phosphorbombeneinsatz wurde erstmalig am 30.10.20 dokumentiert, als dieSprengkörper von der aserbaidschanischen Front in Richtung Arzach (Berg-Karabach)abgefeuert wurden und über den grenznahen Wäldern Arzachs (Berg-Karabachs)explodierten, sodann großflächig brennend/lodernd hinabfielen und sich dadurch eingroßflächiger Waldbrand entwickelte. (Nachweise siehe Anhang) Es handelte sich dabei erwiesenermaßen um die reaktivste Modifikation und damitgefährlichste Form des Phosphors, namentlich Weißer Phosphor.Die Weiße Phosphorbombe ist eine brennende Angriffswaffe, die in Form von Granaten,Bomben und anderen Vorrichtungen funktioniert. Das Element macht sich die spontane Verbrennung in der Luft zunutze, ist hochgiftig undsomit tödlich für Lebewesen jeder Art. Charakteristisch ist die Entwicklung von starkemweißen Rauch beim Verbrennungsprozess. Die Weiße Phosphorbombe ist eine äußerstgefährliche und qualbringende Brandbombe.
Sie hat eine hohe Verbrennungstemperatur und kann bis auf die Knochen durchbrennen. Die Dämpfe des Weißen Phosphors sind hochgiftig und verursachen beim Atmen eine innereVerbrennung der Organe. Diese Bombenart bringt einen qualvollen und langsamen Tod, wennman nicht bereits den Verbrennungen erlegen ist. Die Verwendung dieser Waffe führt somit zu großen zivilen Opfern, wie auch einererheblichen Umweltschädigung in der beispiellosen Landschaft Arzachs (Berg-Karabachs) imKaukasus. Juristisch ist dieses Handeln eindeutig als Verstoß gegen humanitäres Recht zu werten. Die UN-Konvention v. 1980, verbietet den Einsatz bestimmter konventioneller Waffen, dieübermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können. Aufgrund der unteranderem explosiven Brandwirkung der Weißen Phosphorbombe ist diese hierbei als„Brandwaffe“ im Sinne des Art. 1 des Zusatzprotokolls über das Verbot oder dieBeschränkung des Einsatzes von Brandwaffen (Protokoll III) der oben genannten UN-Konvention zu werten. Durch den Einsatz dieser Waffe wurden das Wald- und dieumliegenden Landschaftsgebiete großflächig von Flammen niedergebrannt. Da auch diedortige schutzsuchende Zivilbevölkerung nach dem dauerhaften Beschuss ihrer Wohnortedurch die aserbaidschanische Artillerie und Kampfdrohnen in die nahegelegenen Wäldergeflohen ist, ist zweifelsohne der Einsatz mitunter auch gegen die Zivilbevölkerung gerichtet,wodurch der Einsatz gegen internationales Völkerrecht massiv verstößt.
Zudem wird durchdas Abbrennen der Wälder und der Landschaft die Vernichtung der Existenzgrundlage derdortigen Bevölkerung bezweckt, wodurch ein Wiederansiedeln beziehungsweise dasZurückkehren in die ehemaligen Wohnorte unterbunden werden soll. Des Weiteren wird mitdieser Kriegstaktik der sogenannten „Verbrannten Erde“ gegen Art. 23 Buchst. g) der HaagerLandkriegsordnung verstoßen, da mangels gerechtfertigte beziehungsweise erlaubteZweckdienlichkeit, die Waldgebiete abgebrannt werden. Darüber hinaus ist dieser Einsatz derWeißen Phosphorbombe als Angriff mittels einer chemischen Waffe zu werten, welchergegen Artikel I Abs. 1 Buchst. c) der Chemiewaffenkonvention verstößt. Darüber hinaus ist indem Einsatz der Weißen Phosphorbombe in diesem konkreten Fall auch ein Verstoß gegenArt. 35 S. 3 des Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über denSchutz der Opfer der internationalen bewaffneten Konflikte (Protokoll I) zu sehen, da hierbeider Einsatz dieser Phosphorbombe sowohl dazu bestimmt war, als auch erwartet werdenkonnte, dass dadurch ausgedehnte, lang anhaltende und schwere Schäden der natürlichenUmwelt verursacht werden. Nach den Maßgaben des humanitären Völkerrechts muss bei derKriegsführung darauf geachtet werden, dass die natürliche Umwelt vor Schäden geschütztwird.Ferner ist eine Kriegsführung, die derartige Schäden der natürlichen Umwelt verursachtund dadurch Gesundheit oder Überleben der Bevölkerung gefährdet, ebenfalls verboten. Ungeachtet der bereits festgestellten Verbotsverstöße gegen diverse Normen durch dieaserbaidschanischen Streitkräfte, ist ein solcher Einsatz der Weißen Phosphorbombekeinesfalls gerechtfertigt, da dessen Nutzen in keiner Weise in diesem konkreten FallBerechtigung erfahren kann.
Diese Kriegsführung richtet sich gegen die Menschen, die Zivilbevölkerung und die Umwelt,und verstößt damit grob gegen internationales Völkerrecht.Es gebietet sich mithin der Aufarbeitung dieser Ereignisse und adäquaten Reaktion in Formder Verurteilung dieser aserbaidschanischen Kriegsverbrechen und der Aufforderung der Unterbindung und der Beendigung ebendieser durch die internationale Gemeinschaft.