Stellungnahme zur aktuellen Korruptionsaffäre in Deutschland
Korruption in Deutschland – Wie weit reicht der Arm Bakus in die deutsche Politik?
Die Brisanz der aktuellen Korruptionsvorwürfe in der deutschen Politiklandschaft erschöpft sich nicht nur in der Masken- sondern auch in der Aserbaidschan-Affäre. Die politische Elite nutzt ihre Macht zur Vertretung eigener Interessen oder Interessen Dritter, wofür diese nicht unerhebliche materielle oder immaterielle Vorteile erhält, wohingegen die Interessen des Gemeinwohls nicht mehr in adäquater Weise vertreten werden. Dieses unlautere Verhalten ebendieser kann dazu führen, dass die Bevölkerung selbst Vertrauen und Loyalität gegenüber den demokratischen Strukturen verliert und sich dolosen Handlungen zur Nutzenmaximierung bedient oder gar eine autokratische Führung durch eine entsprechende Opposition befürwortet.
Die im März 2021 bekanntgewordenen Verbindungen deutscher Bundestagsabgeordneter zum autokratischen Staat Aserbaidschan, welche in Teilen zur Niederlegung von Bundestagsmandaten führten, veranlasst die Deutsch-Armenische Juristenvereinigung e.V. (DEARJV) diese Sachverhalte zu kategorisieren und einzuordnen sowie deren (mögliche) Folgen und weitere Beziehungsgeflechte zwischen der deutschen Politik, Medien, Wirtschaft und Wissenschaft und der südkaukasischen Republik am Kaspischen Meer aufzuzeigen. Aus Sicht der DEARJV handelt es sich bei den bekanntgewordenen Fällen lediglich um Spitzen einer verbreiteten Netzwerkstruktur zur Durchsetzung der Interessen Aserbaidschans in der deutschen und europäischen Politik. Diese führten dabei nicht zuletzt zu einem verzerrten Bild in der medialen Berichterstattung sowie zu einer Beeinflussung von politischen Entscheidungen vor, während und nach dem Krieg um Berg-Karabach im Herbst 2020 als Aserbaidschan mit türkischer Unterstützung und der Hinzuziehung u.a. syrischer Söldner eine breit angelegte militärische Angriffsoffensive gegen Berg-Karabach und die dortige Bevölkerung startete, wodurch mehrere tausend Menschen getötet wurden und über 90.000 Menschen fliehen mussten.
Ausgehend von den uns vorliegenden Informationen kommen wir zu dem Schluss, dass es sich nicht um einen vertretbaren und rechtlich legalen Lobbyismus einzelner Vertreter Aserbaidschans oder in Deutschland ansässiger Organisationen handelt, aserbaidschanische Interessen in der deutschen Politik durchzusetzen. Vielmehr stellen diese Tätigkeiten den institutionalisierten Versuch der Regierung und regierungsnahen Vertretern Aserbaidschans dar, demokratische Strukturen in Deutschland und Europa zu unterwandern, um mittels einer zielgerichteten Informationsstrategie politische Entscheidungen zu eigenen Gunsten zu beeinflussen.
Eine dezidierte Aufklärung und eine juristische Bewertung der bekannt gewordenen Fälle für eine trennscharfe Unterteilung zwischen strafwürdigem und legalem Verhalten sind unabdingbar, weshalb der Bundestag aus Sicht der DEARJV auf eine transparente Offenlegung drängen und umgehend weitere Untersuchungen in Form eines parlamentarischen U-Ausschusses in diesen und weiteren Fällen anstreben muss. Ferner müssen perspektivisch Mechanismen implementiert werden, die ein solches Verhalten unverzüglich identifizierbar machen und verhindern. Diese Maßnahmen sollten die Bestechungen und Bestechlichkeit von Amtsträgern nicht nur ex post vollständig nachvollziehbar machen, sondern diese in erster Linie ex ante zu verhindern wissen, um die Integrität der wehrhaften Demokratie in Deutschland und mithin das Vertrauen der Gesellschaft in ebendiese gewährleisten zu können.
- bitte dazugehörigen Anhang beachten