Kriegsverbrechen (VStGB)

Strafanzeige beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe wegen Kriegsverbrechen gegen Personen im aktuellen Karabach-Krieg durch aserbaidschanische Soldaten

21. Oktober 2020

Pressemitteilung 21.10.2020: Strafanzeige beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe wegen Kriegsverbrechen gegen Personen im aktuellen Karabach-Krieg durch aserbaidschanische Soldaten Die Deutsch-Armenische Juristenvereinigung e.V. (DEARJV) hat am gestrigen Dienstag, den 20.10.2020 eine Strafanzeige beim Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe wegen aserbaidschanischer Kriegsverbrechen gegen Personen im aktuellen Karabach-Krieg erstattet. Am frühen Morgen des 27. September haben aserbaidschanische Streitkräfte einen…

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§ 8 VStGB Kriegsverbrechen gegen Personen

Abs. 1 Nr. 1. VStGB Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person tötet (Tötung)

a) In einem Video, das auf Twitter verbreitet wurde, wird ein wehrloser, verletzter armenischer Soldat mit einem Kopfschuss gnadenlos getötet. Im Video ist ein aserbaidschanisches Gespräch und Geschrei zu hören und ab 0:16 die aserbaidschanische Fahne zu sehen. Es ist davon auszugehen, dass es sich um aserbaidschanische Spezialeinheiten handelt, da die regulären Streitkräfte keine Fahne auf ihrer Uniform tragen. (Anhang 9)

b) In einem Video, das in dem Nachrichtendienstprogramm Telegramm verbreitet wurde, werden 18 Leichen gefilmt. Bei vier dieser Leichen sind die Hände hinter dem Rücken fixiert. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die vier als Kriegsgefangene getötet wurden. (Anhang 18)

c) Anderes Video des Nachrichtendienstprogramm Telegramm zeigt, wie ein Soldat der aserbaidschanischen Streitkräfte einen verletzten armenischen Soldaten tötet. Er fordert einen anderen namens Jaschar auf, ihn dabei aufzunehmen und ruft jemand anderem namens Elsas zu, sich diese Handlung anzuschauen. Danach schießt der mutmaßliche Täter zuerst einmal und nachdem er von den anderen aufgefordert wird, schießt er weitere 19/20 mal auf den armenischen Soldaten. (Anhang 21)

d) Ein Video des Kommunikationskanals Telegram zeigt, wie sich aserbaidschanische Soldaten dabei amüsieren, als der abgetrennte Kopf eines armenischen Soldaten auf einem Schweinsleib platziert ist. Hier handelt es sich nicht nur um eine Erniedrigung, sondern auch mutmaßlich um absichtliche Tötung. Obwohl das Video nicht zeigt, wie das Opfer getötet wird, lässt sich jedoch ableiten, dass dies unmittelbar vor der Videoaufnahme erfolgt sein muss, da in dem Video die Reflexbewegungen des getöteten armenischen Soldaten zu erkennen sind (siehe 0:38 Sekunde).  (Anhang 29) Am 3. Dezember 2020 wurde der erste Teil des Videos auf Telegramm veröffentlicht, in dem der Kopf des armenischen Kriegsgefangenen lebendig abgeschnitten wird. Im Video ist zu hören, wie die aserbaidschanischen Soldaten klatschen und amüsieren sich. (Anhang 29-1)

e) In einem weiteren Video des Kommunikationskanals Telegram wird gezeigt wie aserbaidschanische Soldaten einem älteren armenischen Mann den Hals durchschneiden. Das Video zeigt den älteren Mann, der auf aserbaidschanisch darum bittet, ihn nicht umzubringen. Währenddessen greift ein Soldat nach dem Messer eines anderen Soldaten und beginnt damit, dem älteren Mann den Hals durchzuschneiden. (Anhang 38)

f) Ein weiteres Video auf dem Kommunikationskanal Telegram zeigt einen aserbaidschanischen Soldaten, der gesteht, wie er einen Armenier getötet und ihm die Hand abgeschnitten hat, damit Armenier niemals eine Waffe mehr tragen können. Währenddessen zeigt der Kameramann die Leiche mit der abgeschnittenen Hand im Auto. (Anhang 40)

Gemäß § 8 Abs. 6 Nr. 1 und 3 VStGB handelt es sich hier um die geschützten Personen im Sinne der Genfer Abkommen und des Zusatzprotokolls I (Anlage zu diesem Gesetz), namentlich Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige, Kriegsgefangene und Zivilpersonen, sowie die Angehörigen der Streitkräfte und Kämpfer der gegnerischen Partei, welche die Waffen gestreckt haben oder in sonstiger Weise wehrlos sind, der im Sinne des humanitären Völkerrechts eine zu schützende Person sind.

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Anhang 38

Abs. 1 Nr. 3 VStGB Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person grausam oder unmenschlich behandelt, indem er ihr erhebliche körperliche oder seelische Schäden oder Leiden zufügt, insbesondere sie foltert oder verstümmelt (Folter)

a) In einem Video, das aus zwei Teilen besteht wurde ein halbnacktes und verletztes Mitglied der Panzertruppe der Verteidigungsarmee gezwungen, vor über 30 Soldaten der aserbaidschanischen Streitkräfte zu schreien, dass Karabach zu Aserbaidschan gehört. Im zweiten Teil des Videos, das von den sozialen Netzwerken Tik-Tok auf Facebook hochgeladen wurde, ist zu sehen wie der Soldat der aserbaidschanischen Armee ihn zwingt, die armenische Regierung auf aserbaidschanischer Sprache zu verunglimpfen. (Anhang 1)

b) Ein weiteres Video zeigt einen armenischen Kriegsgefangenen, der gezwungen ist, über die armenische Regierung zu schimpfen. Im zweiten Teil wird derselbe Kriegsgefangene in einem Auto wieder gezwungen über armenische Regierung zu schimpfen. (Anhang 4)

c) Am 21. Oktober 2020 wurde ein neues Video hochgeladen, das einen armenischen Kriegsgefangenen zeigt, der auf dem Stuhl unter dem Bild des Präsidenten der Republik Aserbaidschan sitzt. Er wurde auf den Kopf geschlagen und gezwungen, über die armenische Regierung zu schimpfen. Nach dem Schlag fluchte der Kriegsgefangene auf Russisch. (Anhang 11)

d) Zwei weitere Videos zeigen acht armenische Kriegsgefangene, die zuerst einzeln gezwungen sind „Karabach ist Aserbaidschan“ zu sagen und dann gemeinsam auf den Knien. (Anhang 13)

e) Ein weiteres Video zeigt einen armenischen Kriegsgefangenen, A.K., der nach seinem Namen gefragt wird und gezwungen wird zu sagen, Karabach sei Aserbaidschan. (Anhang 14)

f) In einem anderen Video werden die armenischen Kriegsgefangenen mit verschlossenen Augen und fixierten Händen von den aserbaidschanischen Streitkräften geschlagen und unmenschlich behandelt. In dem Video schreien die armenischen Kriegsgefangenen und bitten auf Russisch, dass sie alles sagen werden und bitten darum nicht geschlagen und getötet zu werden. (Anhang 15)

g) Anderes Video zeigt, wie ein älterer armenischstämmiger Mann von den aserbaidschanischen Soldaten unmenschlich behandelt wird. Laut dem Video befinden sich vermutlich etwa 7 Soldaten der aserbaidschanischen Streitkräfte in einem Raum. Der ältere Mann liegt mit gefesselten Händen auf dem Boden. Das Ohr des Opfers wird zuerst von einem aserbaidschanischen Soldaten abgeschnitten und später wird das Opfer mehrmals von den anderen Soldaten geschlagen. In der Beschreibung zum Video stand folgendes: „Aserbaidschanische Soldaten schneiden einem Armenier die Ohren ab, der sich weigert, dem aserbaidschanischen Befehl zu folgen und nach Armenien zu fliehen, obwohl sein Haus in Artsakh ist aber das nun unter aserbaidschanischer Kontrolle steht“. (Anhang 22)

h) Anderes Video zeigt, wie eine Gruppe gefangener Armenier, die nach Berichten der Verwandten der Gefangenen am 11. November 2020 (nach der beiderseitigen Waffenruhe am 9. November 2020) gefangen genommen und psychologisch gefoltert werden. Berichten zufolge wurden die mutmaßlichen Zivilisten beim Transport humanitärer Hilfe aus Stepanakert nach Martuni gefangen genommen. (Anhang 23)

i) Das dreiteilige Video zeigt mehrere Aserbaidschaner, die mindestens drei armenische Kriegsgefangene nicht nur psychisch foltern, sondern auch schlagen und erniedrigen und dabei noch tanzen und sich amüsieren.(Anhang 30)

j) Ein weiteres Video zeigt einen armenischen Kriegsgefangenen auf den Knien, der vom Soldaten der aserbaidschanischen Streitkräfte mehrmals geschlagen wird. (Anhang 31)

k) Ein Video aus dem sozialen Netzwerk TikTok zeigt einen älteren Mann, der von mehreren Soldaten der aserbaidschanischen Streitkräfte auf demütigende Weise geschleppt und geschlagen wird. Die Angehörigen des Opfers erkannten ihn unmittelbar als sie dieses Videomaterial vorgespielt bekamen. Der ältere Mann ist der 80-jährige J. T. und lebt in der Stadt Shushi. Es gelang ihm nicht, die Stadt bis zur Besetzung durch die aserbaidschanischen Streitkräfte zu verlassen. (Anhang 32)

l) Ein weiteres Video zeigt einen verletzten armenischen Kriegsgefangenen, der gezwungen wird, die aserbaidschanische Flagge zu küssen. (Anhang 33)

m) Ein weiteres Video zeigt einen am Boden liegenden armenischen Kriegsgefangenen, der gezwungen wird, "Karabach Aserbaidschan" zu rufen. (Anhang 34)

n) Ein weiteres Video zeigt mehrere armenische Gefangene, die sich in einem Auto oder in einem verschlossenen Raum befinden und einer der Gefangenen wird dabei mehrfach geschlagen. (Anhang 35)

o) Ein weiteres Video zeigt einen armenischen Zivilisten, der auf Russisch verhört und von aserbaidschanischen Soldaten mehrmals geschlagen wird. (Anhang 37)

p) Ein weiteres Video zeigt einen armenischen Kriegsgefangenen, der aus einem Gebäude gezogen und auf den Boden gedrückt wird. Die Aufnahme endet dort. Es ist davon auszugehen, dass er kurz zuvor unmenschlich behandelt wurde. (Anhang 39)

r) Ein weiteres Video zeigt einen armenischen Kriegsgefangenen, der vor der Kamera gezwungen wird, „Karabach ist Aserbaidschan“ zu rufen. (Anhang 41)

Nach der internationalen Rechtsprechung bedeutet Folter, dass einer in Gewahrsam oder unter Kontrolle des Täters befindlichen Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, JStGH, Prosecutor v. Kunarac et al, Urteil v. 22.02.2001, § 496. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Aussagen „Karabach ist Aserbaidschan“ nicht nur das Ergebnis von Folter sind, sondern auch selbst psychische Folter darstellen

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Anhang 37

Abs. 1 Nr. 7 VStGB Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt gegen eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person eine erhebliche Strafe, insbesondere die Todesstrafe oder eine Freiheitsstrafe verhängt oder vollstreckt, ohne dass diese Person in einem unparteiischen ordentlichen Gerichtsverfahren, das die völkerrechtlich erforderlichen Rechtsgarantien bietet, abgeurteilt worden ist. (Hinrichtung)

Am 15. Oktober 2020 wurden zwei Videoabschnitte in sozialen Netzwerken veröffentlicht, in denen Soldaten der Verteidigungsarmee von Berg-Karabach, die später identifiziert wurden, zuerst gefangen genommen werden, und im zweiten Abschnitt des Videos mit den Fahnen der Republik Artsakh am Hals auf Befehl hingerichtet wurden. Der forensische Bericht von Bellingcat belegt die Echtheit der Videos: (Anhang 6)

https://www.bellingcat.com/news/rest-of-world/2020/10/15/an-execution-in-hadrut-karabakh/?fbclid=IwAR0bc-g-8F6bTRIHUiEfPnn7ZducVMw8C8Qpb20EtvuOVzPvRsAzhMiIU7U

In den bewaffneten Konflikten finden die Hinrichtungen hauptsächlich aus rassischen, ethnischen, religiösen und feindlichen Gründen statt. Dies bedeutet, dass der Täter durch den Hass auf den "Feind" motiviert ist und keine Gnade sieht, wenn sich der „Feind“ ergeben hat oder sich nicht verteidigen kann. Die Hinrichtung ist eine Strafe, nicht weil der „Feind“ gegen den Täter gekämpft hat, sondern weil der „Feind“ anderen Menschengruppen gehört.

Die Hinrichtung ist nicht auf die eigentliche Tathandlung beschränkt. Die Hinrichtung ist zukunftsorientiert. Das bedeutet, dass die Tathandlung der Öffentlichkeit signalisiert, dass die Tathandlung auch mit jedem Mitglied der genannten Menschengruppen stattfinden kann. Die Verfilmung dieser Tathandlung zielt ab, die Angst zu verbreiten, dass selbst wenn sich der „Feind“ ergibt, keine Gnade zu erwarten ist.

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Abs. 1 Nr. 9 VStGB Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt

a) Auf Instagram wurde ein Bild eines Soldaten der aserbaidschanischen Streitkräfte gepostet, der in einer Hand einen enthaupteten Kopf hält. Am selben Tag wurden auch die Militärausweise der Soldaten veröffentlicht, indem die Identität der Soldaten der posierenden Soldaten nachgewiesen wurde. (Anhang 7)

b) Auf einem anderen Bild posiert ein unbekannter Soldat der aserbaidschanischen Streitkräfte mit einem Getöteten. (Anhang 8)

c) Das Video zeigt einen aserbaidschanischen Soldaten namens Aliev, der angeblich Mehmedlin untersteht und dem gefallenen armenischen Soldaten das Ohr abschneidet. (Anhang 19)

d) In einem weiteren Video schneiden zwei aserbaidschanische Soldaten die Ohren der gefallenen armenischen Soldaten ab. Auf die Nachfrage hin, ob er auch den Kopf abschneiden darf, bekommt er keine Zustimmung. (Anhang 20)

e) In einem anderen Video zeigt die aufnehmende Person, wie er dem gefallenen Soldaten die Ohren abgeschnitten und dem gefallenen armenischen Soldaten mehrmals mit einem Messer ins Gesicht geschlagen hat. (Anhang 21)

f) Das Video zeigt, wie Oberst und seine Truppe mit den Leichen armenischer Soldaten aufnehmen lässt. Mit dem Posieren mit den Leichen, bei der Aufzeichnung ab 0:50 Sekunden, hat sich die gesamte Truppe von Oberst strafbar gemacht. (Anhang 24)

g) Ein weiteres Video zeigt einen aserbaidschanischen Soldaten, der sich offen über den Tod des armenischen Soldaten freut, gegen die Leiche tritt und mit sichtbarer Freude auf die Leiche schießt. (Anhang 42)

Aus Gründen der Verherrlichung, des Nationalstolzes, der Erniedrigung und Verunglimpfung des Feindes, namentlich der Armenierinnen und Armenier in diesem Fall, ist die Verbreitung von Bildern mit den gefallenen armenischen Soldaten in der Republik Aserbaidschan eine weit verbreitete Methode

Das Posieren mit abgetrennten Köpfen und Leichen der hier betroffener Personen stellt nach § 8  Abs. 1 Nr. 9 VStGB eine schwerwiegende herabwürdigende und erniedrigende Behandlung einer vom humanitären Völkerrecht geschützten Person dar.

Die Frage, ob Verstorbene von dem Schutzbereich des §8 Abs. 1 Nr.9 VSTGB umfasst sind, hat der BGH[1] eindeutig mit Verweis auf den üblichen Sprachgebrauch bejaht. Außerdem kann dem §8 Abs.1 Nr.9 VSTGB ein umfassender Personenbegriff zugrunde gelegt werden, welcher das Erfordernis des internationalen Rechts eines postmortalen Persönlichkeitsschutzes deckt.  Ferner ist die Strafbarkeit von Leichenschändungen auch völkergewohnheitsrechtlich anerkannt.

Das Tatgeschehen zeigt eindeutig, dass die hier im Bild gezeigten Personen den Verstorbenen verhöhnen, ihn in seiner Totenehre herabwürdigen und sich dabei mit dem abgetrenten Kopf des Opfers und mit dem Körper fotografieren lassen. Ferner verbreiteten die im Bild gezeigten Personen dieses Bild in den sozialen Netzwerken, um die Leichenschändung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und um als Helden in den eigenen Reihen und in der Zivilbevölkerung gefeiert zu werden.

[1] BGH NJW 2016, 3604 und OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12. Juli 2016 - 5-3 StE 2/16-4-1/16 -.

 

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anhang 42

§ 9 VStGB Kriegsverbrechen gegen Eigentum und sonstige Rechte

Abs. 1 VStGB Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt plündert oder, ohne dass dies durch die Erfordernisse des bewaffneten Konflikts geboten ist, sonst in erheblichem Umfang völkerrechtswidrig Sachen der gegnerischen Partei, die der Gewalt der eigenen Partei unterliegen, zerstört, sich aneignet oder beschlagnahmt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. (Plünderung)

Aufgrund der am 9. November 2020 gemachten Ankündigung wurden zwar die kriegerischen Handlungen eingestellt, jedoch musste Artsakh 80 % des ursprünglichen Gebietes an Aserbaidschan abtreten. Das zurückgelassene Eigentum der Bevölkerung (ca. 42.000 Menschen) wird entweder geplündert oder zerstört.

Dieses Video zeigt, wie die Soldaten der aserbaidschanischen Streitkräfte die Wohnung in der Republik Artsakh nach der Besetzung zerstören.

§ 11 VStGB Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung

Abs. 1 Nr. 1 VStGB Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen die Zivilbevölkerung als solche oder gegen einzelne Zivilpersonen richtet, die an den Feindseligkeiten nicht unmittelbar teilnehmen

a) Der Ombudsmann von Artsakh dokumentierte die gezielte Bombardierung der Zivilbevölkerung während des Krieges.

The updated edition of the second interim report on the Azerbaijani atrocities against the Artsakh population in September-October 2020

Interim report on the Azerbaijani atrocities against Artsakh population in September 2020

b) Am 2. Oktober 2020 beschoss die Republik Aserbaidschan die Stadt Hadrut der Republik Artsakh mit zwei Smertsch-Raketen mit der völkerrechtlich verbotenen Streumunition. Am 3. Oktober 2020 setzte die Republik Aserbaidschan LAR-160 Streumunition gegen die Zivilbevölkerung ein.

Streumunition stellt eine besondere humanitäre Herausforderung dar, weil es sich um Flächenwaffen handelt, die so konstruiert sind, dass sie sich leicht über ein riesiges Gebietausbreiten können, wodurch es schwieriger wird, zwischen den zulässigen militärischen Zielen zu unterscheiden und zivile Opfer in Konflikten zu vermeiden.

Gemäß dem Übereinkommen über Streumunition, das am 30. Mai 2008 in Dublin abgeschlossen wurde, ist der Einsatz, die Herstellung, der Erwerb, die Lagerung, die Aufbewahrung und der Transfer von Streumunition verboten. Gemäß den Angaben des Streumunitionsmonitors 2019 gehören sowohl die Republik Aserbaidschan als auch die Republik Türkei zu denjenigen Staaten, die Streumunition lagern. Darüber hinaus ist die Republik Türkei einer der Haupthersteller von Streumunition in der Region. Im Unterschied dazu produziert oder lagert die Republik Armenien Streumunition nicht, stellt der Streumunitionsmonitor 2019 fest.

die Berichte der Amnesty International and Human Rights Watch

Armenia/Azerbaijan: Civilians must be protected from use of banned cluster bombs

https://www.hrw.org/news/2020/10/23/azerbaijan-cluster-munitions-used-nagorno-karabakh

Abs. 1 Nr. 2 VStGB Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen zivile Objekte richtet, solange sie durch das humanitäre Völkerrecht als solche geschützt sind, namentlich Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude oder entmilitarisierte Zonen sowie Anlagen und Einrichtungen, die gefährliche Kräfte enthalten

a) Die Kulturgüter und religiöse Gebäude der Republik Artsakh sind häufig das Ziel der absichtlichen,militärischen Angriffe der Republik Aserbaidschan. Die militärische Angriffe auf die Kulturgüter und religiöse Gebäude sind nach Angaben des humanitären Völkerrechts, Gewohnheitsrechts, sowie nach dem Völkerstrafrecht verboten und gelten als ein Kriegsverbrechen.

Daneben wurde am 7. Oktober 2020 berichtet, dass das Haus der Kultur der Stadt Shushi resultierend aus aserbaidschanischen Angriffen zerstört wurde. Das Haus der Kultur ist als ein Gebäude, welchesder Erziehung gewidmet ist, nach den Angaben des IStGH-Statuts ein geschütztes Objekt.

Am 8. Oktober 2020 wurde berichtet, dass die armenische Khazanchetsots Kathedrale in Shushi, das religiöse Symbol der Republik Artsakh, durch die Republik Aserbaidschan zwei mal bombardiert und darauffolgend teilweise zerstört wurde.

Siehe auch  der Bericht von Artsakh Ombudsman

ad hoc public report on the Azerbaijani targeted attacks against the St. Holy Savior Ghazanchetsots Cathedral of Shushi, Artsakh (Nagorno Karabakh) as a war crime and crime against humanity

Am 1. November 2020 wurde berichtet, dass die persische "Gohar Agha" Moschee in der Stadt Shushi ebenfalls angegriffen und teilweise beschädigt wurde.

Außerdem ist anzumerken, dass diejenigen Kulturdenkmäler und religiösen Denkmäler, die sich in denjenigen Dörfern befinden, die derzeit durch die aserbaidschanischen Streitkräfte kontrolliert werden,beschädigtund zerstört werden. Es sind bereits mehrere Foto- und Videonachweise des Vandalismus und der Zerstörung von den Denkmälern vorhanden. Fernerist anzumerken, dass die Kulturdenkmäler und religiösen Denkmäler ebenfalls geschützte Objekte sind und deren Zerstörung ein Kriegsverbrechen ist.

Im Jahr 2016 wurde Ahmad Al Faqi Al Mahdi von dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) für schuldig befunden und zu einer neunjähirgenHaftstrafe verurteilt. Herr Al Mahdi hat als Mittäter des Kriegsverbrechens im Juni und Juli 2012 vorsätzlich Angriffe auf historische Denkmäler und der Religion gewidmete Gebäude, darunter neun Mausoleen und eine Moschee in Timbuktu, Mali, geführt.

b) Die Krankenhäuser, medizinischen Einheiten und Einrichtungen, sowie das bewegliche und unbewegliche Eigentum des Notdienstes der Republik Artsakh werden wiederholt seitens der Republik Aserbaischan vorsätzlich angegriffen.Diese vorsätzlichenAngriffe der Republik Aserbaidschan stellen eine Verletzung der Normen und Grundsätze des humanitären Völkerrechts und des Gewohnheitsrechts dar und sind von der internationalen Gemeinschaft auf das Schärfste zu verurteilen.

Am 14. Oktober 2020 wurde berichtet, dass die Republik Aserbaidschan auf eines der Krankenhäuser der nordöstlicheren Richtung zielte, in dem auch Zivilpersonen behandelt wurden. Als Konsequenz des Angriffes wurden das Krankenhausgebäude und ein Krankenwagen beschädigt.

Einige Tage später, am 17. Oktober, bestätigte das Verteidigungsministerium der Republik Aserbaidschan den vorsätzlichen Angriff auf das Krankenhaus durch ein Video, in dem das Krankenhaus fälschlicherweise als Munitionslager dargestellt wurde.

Am 28. Oktober 2020 wurde berichtet, dass die aserbaidschanischen Streitkräfte einen Luftangriff auf die Geburtsklinik und das Kindergesundheitszentrum der Hauptstadt der Republik Artsakh, Stepanakert, geführt haben. Die Kliniken wurden als Ergebnis des Luftangriffes schwer beschädigt.

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Abs.1 Nr. 4 VStGB Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person als Schutzschild einsetzt, um den Gegner von Kriegshandlungen gegen bestimmte Ziele abzuhalten

a) Das Video zeigt, wie sich ein schweres Flammenwerfersystem "TOS 1 A" einem Dorf nähert. Sobald es mitten im Dorf stationiert ist, beginnt es zu feuern, sodass das Dorf und die Bewohner des Dorfes als Schutzschild „human shield“ dienen. Dies verstößt nicht nur gegen das humanitäre Völkerrecht, es wird auch ein Kriegsverbrechen begangen. Wenn ein Flammenwerfersystem in einem Dorf stationiert ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Bewohner des Dorfes auch von einem gezielten Schuss betroffen sein können

b) In der uns vorliegenden Luftaufnahme ist zu erkennen, dass die aserbaidschanischen Streitkräfte M-46 Rohrartillerie-System in einem Dreieck zwischen den aserbaidschanischen Dörfern Sabirabad, Yuxarı Askipara und Duyarli platziert haben. Eine der Schusssysteme befindet sich beispielweise lediglich 50 Meter von dem Dorf Yuxarı Askipara entfernt. Hier sollen die Zivilisten ebenfalls zuwider des §11 Abs.1 Nr.4 VStGB als menschliche Schutzschilder verwendet werden, da sich die armenischen Streitkräfte nach aserbaidschanischen Feuerbeschuss nicht verteidigen könnten.

Siehe auch ICTY, Prosecutor v. Blaškić, Verfahrenskammer, 3. März 2000, para. 742-743.

§ 12 VStGB Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Mittel der Kriegsführung

Abs. 1 Nr. 2 VStGB Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt biologische oder chemische Waffen verwendet

Am 30. Oktober 2020 wurde berichtet, dass bei den Kämpfen Brand-oder Phosphorwaffen eingesetzt wurden. Ähnliche Waffe wurde hauptsächlich von den Amerikanern während des Vietnamkrieges verwendet, um im Wald versteckte vietnamesische Kämpfer zu eliminieren. Das chemische Element Phosphor tritt in verschiedenen Formen auf: Als weißer, roter, schwarzer und violetter Phosphor.

Die Substanz brennt bereits, wenn sie mit Luft in Berührung kommt. Wenn Weißer Phosphor mit Luft in Verbindung kommt, entzündet er sich und oxidiert rasch zu Phopshorpentoxid. Diese Reaktion produziert eine 1.300 Grad heiße Flamme unter starker Entwicklung von dichtem, weißem Rauch. Die chemische Reaktion dauert so lange an, bis das Material aufgebraucht ist oder ihm die Sauerstoffzufuhr entzogenwird. Bei Menschen kann die Berührung mit weißem Phosphor zu schwersten Verbrennungen bis auf die Knochen führen. Weißer Phosphor ist gleichzeitig hochgiftig. Er stört wichtige Stoffwechselprozesseim Körper der Lebewesen, welche mit ihm in Berührung kommen.

Die Erklärung von Sankt Petersburg vom 11. Dezember 1868 enthälteine Vereinbarung, die den Einsatz bestimmter Waffen, welche unverhältnismäßig viel Leid verursachen, in bewaffneten Konflikten verbietet. Die UN-Konvention v. 1980, verbietet den Einsatz bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können.

Aufgrund der unter anderem explosiven Brandwirkung der Weißen Phosphorbombe ist diese hierbei als Brandwaffe im Sinne des Art. 1 des Zusatzprotokollsüber das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Brandwaffen (Protokoll III) der oben genannten UN-Konvention zu werten.Nach Artikel 1 des Protokolls sind "Brandwaffe" demnach Waffen oder Kampfmittel, die in erster Linie dazu bestimmt sind, durch die Wirkung von Flammen, Hitze oder einer Kombina-tion derselben, hervorgerufen durch eine chemische Reaktion eines auf das Ziel verbrachten Stoffes, Objekte in Brand zu setzen oder Personen Brandwunden zuzufügen.

Auch die UN-Konvention enthält eine vollständige Bezeichnung in Form eines Übereinkommen über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können.

Durch den Einsatz dieser Waffe wurden das Wald-und die umliegenden Landschaftsgebiete großflächig von Flammen niedergebrannt. Da auch die dortige schutzsuchende Zivilbevölkerung nach den dauerhaften Beschuss ihrer Wohnorte durch die aserbaidschanische Artillerie und Kampfdrohnen in die nahegelegenen Wäldergeflohen ist, ist zweifelsohne der Einsatz mitunter auch gegen die Zivilbevölkerung gerichtet, wodurch der Einsatz gegen internationales Völkerrecht massiv verstößt.

Zudem wird durch das Abbrennen der Wälder und der Landschaft die Vernichtung der Existenzgrundlage der dortigen Bevölkerung bezweckt, wodurch ein Wiederansiedeln beziehungsweise das Zurückkehren in die ehemaligen Wohnorte unterbunden werden soll.Darüber hinaus ist dieser Einsatz der Weißen Phosphorbombe als Angriff mittels einer chemischen Waffe zu werten, welcher gegen Artikel I Abs. 1 Buchst. c) der Chemiewaffenkonvention verstößt.

siehe auch  https://dearjv.de/onewebmedia/Appell%20Phosphoreinsatz.pdf